Buchs, Oktober 2023. In den Schweizer Städten soll es in Zukunft weniger Autos geben, dafür mehr gemischt genutzte Strassenräume, preisgünstige Wohnungen und höhere, verdichtete Überbauungen. Das geht aus der Meinungsumfrage «Zukunftsbild nachhaltige Stadt» hervor, die vom Institut Sotomo im Auftrag von DPD Schweiz erstellt wurde. Die Zukunftserwartungen der Befragten für die nächsten 30 Jahre sind teilweise pessimistisch. Klimaschutz-Massnahmen werden klar befürwortet, aber nur 13 % der Personen zwischen 18 und 30 Jahren glauben, dass das gesetzliche Netto-Null-Ziel erreicht werden kann.
Welche Visionen hat die Bevölkerung für die Schweizer Städte in 30 Jahren? Wie könnte eine nachhaltige Zukunft aussehen? Welche Massnahmen sollen dazu heute im Bereich Mobilität, Raum, Klima und Wohnen ergriffen werden? Das Institut Sotomo hat im Juni 2023 im Auftrag des Paketdienstleisters DPD Schweiz 2’269 Personen in der Deutschschweiz und in der Romandie online befragt. Durch die Gewichtung der Daten ist die Studie repräsentativ.
Sechs von zehn Personen befürworten kurzfristige Massnahmen, um den motorisierten Individualverkehr in den Städten einzuschränken. Bei den Frauen ist die Zustimmung besonders ausgeprägt. Mehrheitsfähig sind autofreie Zonen (60 % «Ja» / «Eher ja»), ein Parkplatzabbau zugunsten von Bäumen und Grünflächen, abgetrennte Velowege zulasten von Autospuren und Temporeduktionen. Strassengebühren (Roadpricing) findet nur bei 38 % der Befragten und in den grossen Städten eine Mehrheit.
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Bei den Personen, die sehr häufig Auto fahren, wünschen sich zwei von fünf Personen eine stärkere Drosselung des städtischen Verkehrs. Allerdings spricht sich auch diese Gruppe grundsätzlich für eine Gestaltung des Strassenraums aus, die nicht einseitig auf das Auto ausgelegt ist. Das zeigt eine Gegenüberstellung von Visualisierungen, welche die Befragten zu beurteilen hatten. Am grössten ist die Skepsis gegenüber verkehrsberuhigten Städten nicht auf dem Land, sondern in den Agglomerationen. Aber auch hier spricht sich eine knappe Mehrheit für mehr Bäume statt Parkplätze sowie für zusätzliche Velospuren aus.
Während der Verkehr in den Städten eingeschränkt werden soll, wünscht sich über die Hälfte der Befragten (53 %) höhere Autobahnkapazitäten zwischen den Städten und um sie herum. Beinahe Konsens über die Parteigrenzen und die geografische Herkunft hinweg herrscht beim Ausbau des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz und des europäischen Schnell- und Nachtzugnetzes.
Nur 20 Prozent glauben an das Netto-Null-Ziel
Verschiedene Massahmen zur Erreichung der Klimaneutralität werden von einer klaren Mehrheit befürwortet: Subventionen für energetische Gebäudesanierungen (80 %), eine Solarpflicht bei Neu- und Umbauten (69 %) und eine Abgabe auf den CO2-Verbrauch im Bauwesen (56 %).
Nur 21 % der Befragten glauben, dass die Schweiz bis in 30 Jahren der Luft mehr CO2 entzieht als sie ausstösst (Klimaneutralität). Besonders pessimistisch sind diesbezüglich die Jungen: Nur 13 % der 18- bis 30-Jährigen glauben, dass dieses Netto-Null-Ziel in den nächsten 30 Jahren erreicht werden kann. Gemäss dem in der Volksabstimmung vom 18. Juni 2023 angenommenen Klimaschutzgesetz muss das Ziel bereits 2050 erreicht werden.
Eine Auswertung nach Parteiaffinität zeigt, dass auch zwei Drittel der SVP- und der FDP-Wählenden die Subventionierung von energetischen Gebäudesanierungen unterstützen.
Ein neuer Nationalpark in den Alpen als Ausgleich zur Verdichtung in den Zentren erhält quer durchs politische Spektrum Zuspruch, während der Einsatz von Wasserbestäubern zur Kühlung der Innenstädte im Sommer bei allen Parteien durchfällt. Selbst in den grossen Städten sprechen sich nur zwei von fünf Personen für Bestäuber aus.
Grosse Mehrheit für Förderung von preisgünstigen Wohnungen in den Zentren
40 % der Befragten befürchten, dass sich die Innenstädte in den Schweizer Zentren in den nächsten 30 Jahren zu exklusiven Zonen ohne bezahlbaren Wohnraum entwickeln. Sehr deutlich fällt denn auch die Zustimmung zu verschiedenen Gegenmassnahmen aus, von der Förderung preisgünstiger Alterswohnungen (91 %) und gemeinnützigen Wohnungen (70 %) bis zu höheren Bauten (65 %) und einer Beschränkung der Einsprachemöglichkeiten bei Bauprojekten (52 %).
Für mehr freien Markt bei den Mietpreisen für Wohnungen spricht sich nur ein Viertel der Befragten aus. Während Frauen tendenziell staatliche Interventionen zugunsten günstigen Wohnraums befürworten, setzen Männer eher auf den freien Markt. Gegen eine zusätzliche Förderung sind tendenziell Personen mit Einkommen über 10'000 Franken.
Die Förderung günstigen Wohnraums wird bis ins rechtsbürgerliche Parteienspektrum unterstützt. Die Hälfte der Personen, die der SVP nahestehen, sprechen sich für mehr gemeinnützige Wohnungen aus. Der Förderung von preisgünstigen Alterswohnungen stimmen auch die Sympathisanten der FDP (88 %) und der SVP (85 %) sehr deutlich zu. Ein staatlicher Eingriff zur Regulierung der Mindestbelegung in Wohnungen ist nur in den grossen Städten mehrheitsfähig.
55 % der Befragten sind dafür, dass die Zuwanderung in die Schweiz strenger beschränkt wird. Während die Massnahme von zwei Drittel der älteren Befragten befürwortet wird, sind es bei den Jüngeren ein Drittel.
Der ausführliche Bericht zur Meinungsumfrage «Zukunftsbild nachhaltige Stadt» kann hier heruntergeladen werden:
https://www.dpd.com/ch/de/dpd-umfrage/
Auskünfte zur Umfrage erteilt Projektleiter Gordon Bühler von Sotomo:
E-Mail: [email protected]
Telefon: 044 515 91 24